Mondfest

Wie das Neujahrsfest ist auch das Mondfest eine Feier, die alle im Hause vereint und zu der abwesende Familienmitglieder nach Hause kommen sollen. Die Einheit der Familie im Zeichen dieses Festes wird auch durch die runden Mondkuchen symbolisiert – Pasteten artige Köstlichkeiten, welche raffiniert mit Sanddatteln, fünf verschiedenen Nusssorten, süßem Bohnenmus, Kokos, aber auch gelegentlich mit süßen Eiern oder Schinken gefüllt werden. Eingepresste Schriftzeichen verraten den Inhalt des Kuchens oder wünschen dem Esser Glück.

 

Der Überlieferung nach sind diese Kuchen während der Mongolenherrschaft von den Chinesen als „Waffe“ benützt worden und obwohl diese Begebenheit an die 700 Jahre zurückliegt, ist sie wie vieles aus der chinesischen Geschichte im Gedächtnis der Bevölkerung lebendig geblieben.

Die gängigere Version erzählt, dass man damals in die Mondkuchen Nachrichten eingebacken habe, welche die Anweisung an den jeweiligen Hausherrn enthielten, die bei ihm einquartierten mongolischen Krieger zu töten. In einer anderen Version heißt es, die Mondkuchen selbst seinen die Waffe gewesen. Man habe Gift hineingetan und sie dann den Mongolen serviert.

 

Im Gegensatz zu den meisten anderen chinesischen Festen stehen beim Mondfest die Frauen im Vordergrund, verkörpert doch der Mond das zum heißen männlichen Yang der Sonne im Gegensatz stehende kühle weibliche Yin. Am 15. Tag des achten Mondmonats, an dem das Mondfest gefeiert wird, beginnt in der Natur das Yin die Oberhand zu gewinnen.

 

Früher wurde zum Mondfest im Hof des Hauses ein Tisch aufgebaut. Darauf befand sich eine auf Papier gemalte Darstellung des Mondes, oben mit der „Mondgöttin“ als Bodhisattva und unten mit dem Mondpalast und dem Jadehasen. Dazu kam ein tönerner Hase, Bohnenranken als Hasenfutter, ein Bäumchen und die Mondkuchen. Die Opfergaben an den Mond mussten rund sein. Neben den Mondkuchen waren es vor allem Melonen, Äpfel, Pfirsiche und Weintrauben.

 

Da der Mond für das weibliche Prinzip steht, waren es ausschließlich Frauen, welche vor dem improvisierten Altar Kotau machten und Weihrauchstäbe anzündeten. Junge Mädchen benützen die Nacht des Mondfestes gerne für Orakelbefragungen. Sie stellen sich mit Weihrauchstäbchen zum Hoftor, sprechen einen Wunsch aus – oft ist es eine Frage nach dem zukünftigen Bräutigam – und lauschen. Die ersten Worte, welche sie von zufällig vorübergehenden erhaschen, sollen Antwort geben.

 

Einen Mondbewohner gibt es allerdings, welcher von Männern angefleht wird und das nicht nur zum Mondfest, sondern aufgrund der Natur der Sache während es ganzen Jahres: Yue Xia Lao Ren, der alte Mann im Mond, ein alter freundlich blickender Mann mit langem Bart, vor dessen Standbild rote Fäden hängen. Verwandte oder Freunde eines Junggesellen holen einen dieser Fäden und befestigen ihn heimlich in dessen Wohnung an einer Stelle, wo er dagegen stoßen muss. Reißt dabei der Faden, so ist eine baldige Hochzeit verbürgt. Dankbare Ehemänner kommen dann zum Mann im Mond und hängen einen neuen Faden auf.

 

Viele von den mit dem Mond zusammenhängenden Opfer- und Orakelbräuche werden nicht mehr geübt. Geblieben sind der Mondhase, der als Kinderspielzeug um die Zeit des Mondfestes angeboten wird, die wohlschmeckenden Mondkuchen und der Brauch, zu dieser Zeit den Mond zu betrachten, ihm zuzutrinken oder sogar wie einst der große chinesische Dichter Li Bai auf ihn allein oder gemeinsam Verse zu verfassen.