Drachenbootfest

Vergeblich hat man während der Kulturrevolution versucht, die Feier des Drachenbootfestes zu unterbinden und durch fröhliche Massenschwimmbewerbe zum Gedenken an das Bad Mao Zedongs im Yangtse zu ersetzen, gehört es doch neben dem Neujahrs- und dem Mondfest zu den wichtigsten Festen des chinesischen Jahres. Erfolgreicher ist dem Drachenbootfest, dessen Anfänge möglicherweise bis in das chinesische Neolithikum zurückreichen, in früheren Zeiten mit dem Gedenken an den chinesischen Staatsmann und Dichter Qu Yuan ein anderer Sinn gegeben worden.

In seinem Ursprung dürfte das Fest auf schamanistische Bräuche der Wasser- und Feierverehrung zurückgehen. Darauf deutet der Umstand hin, dass jene, welche bei den Wettfahrten der schmalen Boote über Bord gegangen waren, in alter Zeit nicht gerettet werden durften. Sie waren Opfer an die Wassergeister. Die Drachenbootrennen finden vornehmlich südliche des Yangtses statt, doch sind sie im Norden nicht völlig unbekannt. Noch heute zeigt man sich am Kunming-See des Sommerpalastes die Stelle, wo die Kaiserinwitwe Zi Xi an Bord ihres Schiffes ging, um sich am Anblick der Drachenbootrennen zu ergötzen.

 

Gleichermaßen in ganz China huldigt man am fünften Tag des fünften Mondmonats dem Brauch des Gedenkens an Qu Yuan und der Vorkehrungen gegen die „Fünf Gifte“. Qu Yuan, der erste uns namentlich bekannte chinesische Dichter, hatte im dritten Jahrhundert vor Christus den König seines Staates Chu vergeblich davor gewarnt, sich mit dem hinterlistigen Herrscher von Qin zu verbinden. Nach dem Fall der Hauptstadt von Chu ertränkte sich Qu Yuan. Die Zongzi, in Blätter gewickelte Knödel aus klebrigem Reis, sollen nach einer Version die Fische vom Verzehr von Qu Yuans Leichnam ablenken, nach einer anderen Version sind sie Opfergabe für den großen Dichter und Staatsmann und deshalb in Blätter gewickelt, damit sie ihm nicht von den Flussdrachen weggefressen werden.

Neben dem legendären großen König Yu, der vor etwa vier Jahrtausenden die Fluten bändigte, dem General Yue Fei, der durch Intrigen bei der Verteidigung der Nordgebiete der Song-Dynastie sein Leben verlor, ist Qu Yuan eine der patriotischen Heldenfiguren Chinas, welche auch in den Schulfibeln der VR China ihren Platz behalten haben.

 

Die „Fünf Gifte“ sind eine Kurzbezeichnung für die „Fünf giftigen Tiere“ (Schlangen, Geckos, Kröten, Tausendfüßler und Skorpione). Einmal mehr beschwört man in China die Gefahren und bekämpft sie, indem man sie vor Augen hat. Ein kleines Beispiel für die Philosophie, die dahintersteckt, sind die Skorpione, die man nicht nur vor Augen, sondern auch im Magen haben kann. Im Spezialitätenrestaurant des Sommerpalastes in Peking serviert man erlesenen Gästen knusprige Skorpione und versichert, der Konsum einer mittelgroßen Menge würde dem Gast für ein Jahr Belästigungen durch Gewürm und Insekten fernhalten. Aus ähnlichen Gründen stickt man auf Kinderlätzchen, welche man den Kinder am 5.5. umhängt, die fünft giftigen Tiere, damit die Kleinen von ihnen verschont bleiben. Oft findet sich auf diesen mit Abwehrzauber versehenen Kleidern auch der Tiger mit seinem Königszeichen auf der Stirn. – In China ist er und nicht der in der Natur nicht vorkommende Löwe König. – Die im heißen fünften Mondmonat besonders virulent werdenden giftigen Tiere werden, so hofft man, sein Zeichen respektieren.